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Missverständnisse und das verletzte innere Kind: Warum wir die Welt so wahrnehmen

Vorwort

Wann immer du nach der Frage des "Warum" suchst, besonders in zwischenmenschlichen Beziehungen, nimm dir einen Moment Zeit und versuche, diesen Artikel Stück für Stück bewusst zu lesen. Vielleicht wirst du im Laufe der Zeit erkennen, dass eine Lösung der meisten Probleme in uns selbst liegt.


Ich wünsche dir mit den folgenden Texten und Gedanken viel Erkenntnis und inneren Frieden.


Herzliche Grüße,

Marcus

 

Unser tägliches Leben ist von unzähligen Begegnungen und Erfahrungen geprägt, die oft in Missverständnissen münden. Diese Missverständnisse entstehen, weil unsere Wahrnehmung der Welt oft nicht die objektive Realität widerspiegelt, sondern vielmehr von unseren inneren Zuständen beeinflusst wird.


Die Verzerrte Wahrnehmung durch Innere Zustände

Wir tragen eine unsichtbare Brille, die durch unsere Begierden, Ablehnung, Verletzungen und Glaubensmuster gefärbt ist. Durch diese Brille sehen wir die Welt nicht klar, sondern verzerrt. Unser Bild von der Realität ist durch unsere Erfahrungen, Emotionen, Gedanken, Erinnerungen und Verletzungen geprägt. Anstatt die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind, blicken wir durch den Schleier unserer eigenen inneren Verunreinigungen.

In zwischenmenschlichen Beziehungen führt dies oft zu Missverständnissen. Wir reagieren auf andere Menschen und Situationen nicht auf das, was tatsächlich vor uns liegt, sondern auf das, was in uns vorgeht. Unsere inneren Muster und Verzerrungen können zu emotionalen, mentalen und psychischen Störungen führen.


Das Innere Kind: Die Wurzel vieler Verletzungen

Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Entstehung von Missverständnissen ist das Konzept des inneren Kindes. Jeder von uns trägt ein inneres Kind in sich, das oft alte Verletzungen aus der Kindheit in sich bewahrt. Diese Verletzungen entstehen durch Erfahrungen, in denen wir uns nicht gesehen, geliebt oder verstanden fühlten. Oft werden diese alten Wunden ins Erwachsenenalter mitgenommen, und das innere Kind in uns reagiert auf aktuelle Situationen so, als würden die alten Verletzungen wieder aktiviert.

Wenn wir uns als Erwachsene missverstanden fühlen, liegt dies oft daran, dass das verletzte innere Kind in uns auf alte, ungelöste Emotionen reagiert. Es fühlt sich unsicher, bedroht oder abgelehnt, weil es in der Vergangenheit diese schmerzhaften Gefühle erfahren hat. Diese tief sitzenden Wunden beeinflussen unsere Wahrnehmung und lassen uns die Signale anderer Menschen durch den Filter dieser alten Verletzungen empfangen.


Das innere Kind trägt also oft einen großen Teil zu den Missverständnissen bei, die wir als Erwachsene erleben. Unsere Reaktionen kommen dann nicht aus einem rationalen, bewussten Selbst, sondern aus dem Schmerz und der Unsicherheit des inneren Kindes. Dieses Kind in uns sehnt sich nach Heilung, nach Verstandenwerden und nach Liebe, doch solange diese Wunden nicht geheilt sind, bleiben unsere Reaktionen auf äußere Signale von diesen tiefen Verletzungen geprägt.


Der Geist Formt unsere Wahrnehmung

Der Buddhismus lehrt, dass unser Geist die Welt formt, die wir erleben. Durch Achtsamkeit und Meditation können wir lernen, unsere Wahrnehmung zu reinigen. Indem wir die Wurzeln unserer Gedanken und Emotionen erforschen, können wir die Schleier erkennen, die unser klares Sehen behindern, und diese mit Übung transformieren. Dies gilt auch für die Heilung des inneren Kindes. Achtsame Selbsterforschung und Mitgefühl für die verletzten Anteile in uns selbst können dazu beitragen, diese alten Wunden zu heilen und unser inneres Kind zu trösten.

Mitgefühl Entwickeln – Für uns Selbst und Andere

Ein Schlüsselaspekt im Buddhismus ist die Entwicklung von Mitgefühl, sowohl für uns selbst als auch für andere. Wenn wir erkennen, dass jeder Mensch seine eigene „Brille“ trägt, die durch individuelle Erfahrungen und Kämpfe geformt wurde, fällt es uns leichter, mit Empathie zu reagieren, anstatt zu urteilen oder abzulehnen. Dies gilt sowohl für den Sender als auch für den Empfänger, da beide oft auf ähnliche Weise von ihren inneren Verletzungen geleitet werden – insbesondere durch die Wunden, die ihr inneres Kind noch in sich trägt.


Der Sender und der Empfänger: Ein Lehrer-Schüler-Verhältnis

Wenn es zu Missverständnissen kommt, gibt es oft einen Sender und einen Empfänger. Der Sender übermittelt uns ein Signal, das uns aufzeigt, dass wir noch nicht vollkommen bewusst über unsere eigene innere Welt sind. Unsere Reaktion auf das empfangene Signal erfolgt häufig durch den Filter unserer eigenen Verletzungen, insbesondere durch die Verletzungen unseres inneren Kindes, weshalb wir darauf entsprechend reagieren.

Doch auch der Sender kann auch innere Verletzungen und Verzerrungen in sich tragen, die seine Kommunikation beeinflussen. So sind beide, Sender und Empfänger, in einer Position des Lernens. In diesem Sinne ist der Sender ein Lehrer für uns, der uns zeigt, wo wir in unserer eigenen Bewusstheit noch wachsen dürfen. Gleichzeitig dürfen wir erkennen, dass der Sender ebenfalls Lernender ist, der seine inneren Kämpfe in die Kommunikation mitbringt.


Als Empfänger können wir diese Signale als Gelegenheiten betrachten, um unsere innere Welt besser zu verstehen. Dabei ist es wichtig, Geduld mit uns selbst zu haben.

Oft neigen wir dazu, frustriert zu sein, wenn wir nicht sofort anders reagieren können. Doch durch das wiederholte Empfangen dieser Signale und das bewusste Reflektieren lernen wir nach und nach, anders darauf zu reagieren. Dieser Prozess erfordert Zeit und Wiederholung. Jeder Mensch benötigt bestimmte Durchläufe, bis das Bewusstsein vollständig entwickelt ist und es in den unbewussten Teil unseres Seins übergeht.


Dieser Weg des Lernens ist essenziell, um in unserer Wahrnehmung und in unseren Reaktionen bewusster zu werden. Bleib dran, du schaffst das.


Tugenden als Weg zur Harmonisierung von Erwartungen und Missverständnissen

Aus buddhistischer Sicht dürfen wir, um Missverständnisse besser zu verstehen und zu verarbeiten, bestimmte Tugenden kultivieren und anwenden. Zu diesen gehören liebende Güte (Metta), Mitgefühl (Karuna), Freude am Glück anderer (Mudita) und Gleichmut (Upekkha). Diese Tugenden helfen uns, in einem Zustand von Wohlwollen und Ausgeglichenheit zu handeln und Missverständnisse mit mehr innerem Frieden zu begegnen.

Besonders die Tugend der liebenden Güte lehrt uns, Menschen mit einem offenen Herzen zu begegnen und nicht zu verletzen – weder verbal noch gedanklich. Die Praxis der Nichtverletzung (Ahimsa) führt dazu, dass wir lernen, achtsamer und bewusster auf die Signale, die wir von anderen erhalten, zu reagieren, ohne sie durch die Linse unserer Verletzungen zu verzerren.


Indem wir diese Tugenden Schritt für Schritt entwickeln und üben, werden wir nicht nur in der Lage sein, unsere Erwartungen besser zu steuern, sondern auch die Missverständnisse, die aus den Signalen anderer entstehen, mit mehr Klarheit und Verständnis zu begegnen. Diese Tugenden sind wie Werkzeuge, die uns dabei helfen, einen gesunden Umgang mit uns selbst und mit anderen zu finden, während wir an unserer inneren Entwicklung arbeiten.


Loslassen von Erwartungen

Ein weiterer Aspekt ist das Loslassen von Erwartungen. Oft missverstehen wir andere, weil wir unbewusst erwarten, dass sie unseren eigenen Überzeugungen und Verhaltensweisen entsprechen. Wenn wir lernen, offen und ohne Vorurteile zuzuhören, können wir tiefere Einblicke in die Perspektiven anderer gewinnen und so Missverständnisse vermeiden.



Meditation: Der Raum zwischen Reiz und Reaktion

Meditation kann uns helfen, automatische Muster zu erkennen. Sie lehrt uns, den Raum zwischen Reiz und Reaktion zu entdecken. In diesem Raum liegt unsere Freiheit, bewusst zu entscheiden, wie wir reagieren möchten, anstatt von unseren Mustern gesteuert zu werden. Diese Übung stärkt unsere Fähigkeit, Verantwortung für unsere Emotionen zu übernehmen und unser inneres Gleichgewicht wiederherzustellen.


Missverständnisse als Wegweiser auf dem Spirituellen Pfad

Missverständnisse und die daraus resultierenden Emotionen können uns viel Kraft kosten, wenn wir nicht gelernt haben, damit umzugehen. Doch indem wir uns dieser inneren Prozesse bewusst werden, gewinnen wir die Möglichkeit, harmonischere Beziehungen zu führen. Meditation dient hier als Werkzeug, um unsere innere Welt zu erforschen, unsere Wahrnehmung zu reinigen und unser Verhalten zu verändern. Mit dieser Praxis können wir unsere Beziehungen zu uns selbst und zu anderen vertiefen und eine klarere, mitfühlendere Perspektive auf die Welt entwickeln.

Indem wir uns der buddhistischen Praxis der Achtsamkeit, Meditation und der Kultivierung von Tugenden wie liebende Güte, Mitgefühl und Nichtverletzen zuwenden, können Missverständnisse zu wertvollen Wegweisern auf unserem spirituellen Pfad werden. Sie bieten uns die Möglichkeit, in die Tiefen unseres eigenen Geistes zu blicken, unsere inneren Verunreinigungen – auch die unseres inneren Kindes – zu erkennen und letztlich zu einem klareren, mitfühlenderen Blick auf die Welt zu gelangen.

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